Kapitel 7
Gravitation

1  Einsteins Gravitationstheorie

Zusammenfassung des Buchkapitels:

Die Schwerkraft ist zwar die schwächste aller Wechselwirkungen, dominiert aber bei makroskopischen Abständen unsere Welt, da es hier keine verschiedenen Ladungsarten gibt, die sich neutralisieren können. Es gibt nur eine Ladungsart: die schwere Masse.

Newtons Gravitationsgesetz   F = G m1 m2 / r2   ist analog zum Coulombschen Kraftgesetz   F = k q1 q2 / r2   , das die Kraft zwischen unbewegten elektrischen Ladungen beschreibt.

Das Coulombsche Kraftgesetz gilt nur für unbewegte Ladungen. Es ist nicht vereinbar mit Einsteins spezieller Relativitätstheorie, da bei ihm die elektrische Kraft ohne jede Zeitverzögerung vom momentanen Ort der Ladung abhängt. Die korrekte Beschreibung (auch für bewegte Ladungen) liefern dagegen die Maxwellgleichungen. Ganz analog ist auch Newtons Gravitationsgesetz nicht mit der speziellen Relativitätstheorie vereinbar.

Albert Einstein selbst war es, der im Jahre 1916 eine passende Gravitationstheorie formulierte: die allgemeine Relativitätstheorie. Sie ist verträglich mit der speziellen Relativitätstheorie und basiert auf der Grundidee, dass schwere und träge Masse ununterscheidbar sind, so wie in dem folgenden Bild dargestellt:



Ein Astronaut, der sich in einem kleinen fensterlosen Kasten befindet, kann nicht herausfinden, ob der Kasten im schwerelosen Raum beschleunigt wird oder ob der Kasten sich bewegungslos in einem Gravitationsfeld befindet. Die Gravitation ist lokal gleichwertig zu einer Scheinkraft, wie sie in einem beschleunigten Bezugssystem entsteht. Eine solche Scheinkraft ist automatisch proportional zur trägen Masse, so dass kein Unterschied mehr zwischen träger und schwerer Masse besteht.


Das zugehörige Postulat (Einsteins Äquivalenzprinzip) lautet:

Hier noch einmal die entsprechenden Postulate der speziellen Relativitätstheorie, die ebenfalls gelten sollen:

  1. Die physikalischen Gesetze gelten in allen Inertialsystemen in der gleichen Form.
  2. Es gibt eine endliche maximale Ausbreitungsgeschwindigkeit für physikalische Wirkungen.

Ein Inertialsystem ist dabei ein Bezugssystem, in dem ein kräftefreier Körper sich unbeschleunigt bewegt. Wenn man die Gravitation als Scheinkraft auffasst, so ist ein Inertialsystem eines, das sich im freien Fall befindet, so dass in ihm Schwerelosigkeit herrscht (so wie es auch ohne Gravitation in einem gleichförmig bewegten Raumschiff der Fall ist). Man kann daher Postulat 1 und das neue Gravitations-Postulat zu einem einzigen Postulat zusammenfassen:

Man kann die Wirkung der Gravitation also lokal neutralisieren, indem man sich einfach fallen lässt. Global geht das nicht, d.h. wenn Gravitation vorhanden ist, dann gibt es kein großräumiges Bezugssystem, in dem sich alle frei fallenden Körper geradlinig-gleichförmig bewegen. Das geht nur lokal in unserem kleinen, frei fallenden Raumschiff. Mathematisch drückt man das so aus: die Raumzeit besitzt eine Krümmung.

Hintergrund: Eine Raumzeit-Krümmung verhindert mathematisch, dass man in der gesamten Raumzeit karthesische (also geradlinige) Koordinaten einführen kann. Karthesische Koordinaten entsprechen in der Relativitätstheorie nämlich einem frei fallenden Bezugssystem, in dem frei fallende Körper sich geradlinig-gleichförmig bewegen. Lokal kann man dagegen immer karthesische Koodinaten einführen, die dort beispielsweise einem kleinen frei fallenden Raumschiff entsprechen.



Polarkoordinaten in der zweidimensionalen Ebene bilden ein krummliniges Koordinatensystem. Da die Ebene ungekrümmt ist, lässt sich dort auch ein überall ungekrümmtes (karthesisches) Koordinatensystem einführen.



Längen- und Breitengrade bilden ein krummliniges Koordinatensystem auf einer Kugel. Da die Kugeloberfläche gekrümmt ist, lässt sich auf ihr kein karthesisches Koordinatensystem einführen.



Die Winkelsumme eines Dreiecks auf einer gekrümmten Oberfläche beträgt im allgemeinen nicht 180 Grad. So kann man die Krümmung einer Oberfläche feststellen, ohne die Fläche selbst verlassen zu müssen. Analog kann auch die Raumzeit eine Krümmung aufweisen, ohne dass man sich einen höherdimensionalen Raum außerhalb der Raumzeit vorstellen muss. Die Winkelsumme im Dreieck misst dabei die Krümmung des Raums. Die Krümmung der Zeit kann man mit Uhren messen -- so laufen Uhren auf Meereshöhe etwas langsamer als Uhren auf einem hohen Berg. Mit modernen Atomuhren ist das tatsächlich messbar! Diese Effekte muss man beispielsweise bei GPS-Navigationsgeräten berücksichtigen, um eine korrekte Ortsbestimmung sicherzustellen.


Die Krümmung der Raumzeit liefert eine relativistische Beschreibung der Gravitation. Körper und auch Licht bewegen sich in ihr so, dass zwischen zwei Raumzeit-Ereignissen die maximale Eigenzeit für den Körper vergeht (analog zu einer Geodäten auf einer gekrümmten Oberfläche, die dort den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten nimmt). Ein Lichtstrahl ist in diesem Sinn die geradest-mögliche Strecke in der Raumzeit. Auch Licht wird durch Gravitation abgelenkt. Im Jahre 1919 nutzten verschiedene Expeditionen eine vorhergesagte Sonnenfinsternis für eine astronomische Beobachtung, die die Raumkrümmung durch ein Gravitationsfeld nachwies:



Ablenkung eines Lichtstrahls durch das Gravitationsfeld der Sonne.


Ist das gesamte Universum großräumig gekrümmt? Neuere Beobachtungen zeigen, dass es im für uns sichtbaren Bereich flach ist. Da es aber nur 13,7 Milliarden Jahre alt ist, gibt es dennoch eine Grenze, bis zu der wir schauen können: den Ereignishorizont. Licht jenseits dieser Grenze hatte noch nicht genügend Zeit, zu uns zu gelangen, zumal sich der Raum ständig wie die Hülle eines Luftballons ausdehnt und dieser Weg zu uns dadurch auch immer länger wird.

Einsteins Gravitationstheorie ermöglicht die Existenz schwarzer Löcher. Auch hier gibt es einen Ereignishorizont: Alles innerhalb dieses Ereignishorizontes (auch Licht) stürzt in das schwarze Loch. Heutige Beobachtungen legen nahe, dass praktisch alle Galaxien in ihrem Zentrum sehr massive schwarze Löcher besitzen, auch unsere Milchstraße.

Einsteins spezielle und allgemeine Relativitätstheorie haben unser Bild von der Welt am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gewaltig verändert. Noch stärkere Veränderungen erfuhr unsere Weltsicht kurz darauf durch die Formulierung der Quantenmechanik und später der relativistischen Quantenfeldtheorien. Was uns erwartet, wenn wir versuchen, diese verschiedenen Teilgebiete der modernen Physik zusammenzuführen, wollen wir uns im nächsten Kapitel genauer ansehen.


Errata:

S. 221 unten: Der Hubble-Parameter beträgt etwa   70 (km/s)/Mpc   . Dabei ist ein Megaparsec (Mpc) gleich 3,26 Millionen Lichtjahre, d.h. ein Abstandsintervall von etwa 3 Millionen Lichtjahren dehnt sich pro Sekunde um etwa 70 km aus (nicht 70 000 km wie im Buch versehentlich angegeben). Der angegebene Wert von sieben Prozent in einer Milliarde Jahre stimmt dagegen.



Zusatzinformationen:

a) Die allgemeine Relativitätstheorie (fast) ohne Formel
b) Neue Experimente zur Zeitdilatation
c) Gravitationswellen


a) Die allgemeine Relativitätstheorie (fast) ohne Formeln

Wer sich für die Details der Allgemeinen Relativitätstheorie interessiert, findet diese in Die Symmetrie der Naturgesetze, Kapitel 5: Die allgemeine Relativitätstheorie. Dabei werden zunächst in Kapitel 5.1 die mathematischen Grundlagen (Differentialgeometrie) vorgestellt. In Kapitel 5.2 wird dann das Einsteinsche Äquivalenzprinzip am Beispiel einer beschleunigten Rakete untersucht und anschließend verallgemeinert, was zur Raumzeit-Krümmung führt. Wie diese Raumzeit-Krümmung durch Materie und Energie bestimmt wird (Einsteinsche Feldgleichungen), folgt in Kapitel 5.3. In diesem Kapitel findet man auch die anschauliche Formulierung des Einsteinschen Gravitationsgesetzes nach John Baez und Emory Bunn (ja, das geht, siehe auch unten).

Hier ist eine vereinfachte Zusammenfassung dieser beiden Kapitel 5.2 und 5.3, wobei ich auf Formeln weitgehend verzichtet habe (diese sind in den genannten Kapiteln detailliert dargestellt):

Die Allgemeine Relativitätstheorie ist mathematisch und begrifflich deutlich komplexer als die spezielle Relativitätstheorie, und auch Albert Einstein hatte damit so seine Mühe. So schrieb er am 29. Oktober 1912 in einem Brief an den Physiker Sommerfeld:

Der befreundete Mathematiker war übrigens Einsteins Studienfreund Marcel Grossmann.

Worum geht es in der allgemeinen Relativitätstheorie? Ziel ist es, eine Theorie der Gravitation (Schwerkraft) zu formulieren, die mit den Ideen der speziellen Relativitätstheorie verträglich ist. Insbesondere darf sich die Wirkung der Gravitation nur maximal mit Lichtgeschwindigkeit durch den Raum ausbreiten. Das ist bei Newtons Gravitationsgesetz nicht der Fall.

Nun lassen sich Gravitation und spezielle Relativitätstheorie nicht mal eben nebenbei miteinander vereinen. Man benötigt eine neue grundlegende Einsicht, also ein neues physikalisches Prinzip. Nachdem Einstein einige Zeit verschiedene Ansätze für eine relativistische Gravitationstheorie ausprobiert hatte und damit nicht zufrieden war, stieß er irgendwann im November 1907 auf die entscheidende Idee:

In seiner Kyoto-Vorlesung führt er im Dezember 1922 weiter aus:

Moderne Experimente zeigen mit hoher Genauigkeit, dass träge und schwere Masse (Trägheit und Gewicht) exakt gleich sind. Einstein hatte nun den inneren Grund für diese Gleichheit erkannt: Die Gravitation ist genau wie die Scheinkraft in einem beschleunigten Bezugssystem, also z.B. wie die Kraft, die einen Astronauten in einer beschleunigenden Rakete im Weltraum in die Sitze drückt. Befindet man sich im freien Fall, so spürt man (zumindest lokal) die Gravitation nicht. Bei einer solchen Kraft, die das Resultat einer Beschleunigung ist, ergibt sich die Gleichheit von träger und schwerer Masse automatisch! Der entscheidende Punkt ist also (siehe auch im Buchkapitel sowie oben in der Zusammenfassung):

  • Das Einsteinsche Äquivalenzprinzip:
    Im Inneren eines fensterlosen relativ kleinen Raumschiffs kann man prinzipiell nicht unterscheiden, ob das Raumschiff im leeren Weltraum gleichmäßig beschleunigt oder ob es noch auf der Startrampe im Gravitationsfeld der Erde steht. Ein Gravitationsfeld ist also lokal äquivalent zu einem gleichförmig beschleunigten Bezugssystem. Der Ausdruck lokal weist darauf hin, dass der betrachtete Raumbereich so klein sein soll, dass Inhomogenitäten des Gravitationsfeldes keine Rolle spielen.

Diese Einsicht gilt für alle denkbaren physikalischen Messungen und geht insofern über die reine Punktmechanik im Gravitationsfeld hinaus. Man könnte dieses Prinzip auch etwas anders formulieren, wenn man an den freien Fall denkt:

  • Die physikalischen Gesetze gelten in allen im freien Fall befindlichen Systemen, sofern diese hinreichend klein sind, in der gleichen Form. Wählt man lokal ein Raum-Zeit-Koordinatensystem, das einem im freien Fall befindlichen Raumschiff entspricht, so gelten darin lokal die Gesetze der speziellen Relativitätstheorie, d.h. im Raumschiff herrscht Schwerelosigkeit.

In jedem kleinen frei fallenden Raumschiff muss es also möglich sein, die Koordinaten der Raumzeit so zu wählen, dass sie wie in der speziellen Relativitätstheorie aussehen. Mathematisch bedeutet das:

Diese Minkowskikoordinaten sind karthesische Koordinaten, bilden also ein lokales rechtwinkliges Koordinatensystem, wobei die Zeit eine Sonderrolle spielt. Sie sind das Analogon zu karthesischen Koordinaten, wie man sie für kleine Ausschnitte der Erdoberfläche verwenden kann, während karthesische Koordinaten für ganze Kontinente aufgrund der Erdkrümmung nicht verzerrungsfrei möglich sind.

Wie sieht dann lokal ein Koordinatensystem aus, das nicht dem freien Fall entspricht und in dem ein darin ruhender Beobachter eine Beschleunigung bzw. eine Gravitationskraft spürt? Es sollte einem beschleunigten Bezugssystem der speziellen Relativitätstheorie entsprechen, denn Gravitation ist ja nichts anderes als die Scheinkraft in einem solchen Bezugssystem.

In Die Symmetrie der Naturgesetze, Kapitel 5.2 wird ein solches beschleunigtes Bezugssystem (Rindler-Koordinaten) detailliert untersucht (die gleichförmig beschleunigte relativistische Rakete). Dieses Bezugssystem ist durch einen Beobachter definiert, der eine Referenzuhr mitführt und der eine konstante Beschleunigung wahrnimmt (z.B. weil er in einer beschleunigenden Rakete sitzt). Zu jedem Zeitpunkt lässt sich für diesen Beobachter ein momentanes Ruhe-Inertialsystem definieren -- das ist das Bezugssystem, das man zu diesem Zeitpunkt gerade von der Beschleunigung abkoppelt, so dass es sich mit der Geschwindigkeit geradlinig-gleichförmig weiterbewegt, die der Beobachter zum Abkoppel-Zeitpunkt gerade besaß. Das beschleunigte Bezugssystem ist nun eine Abfolge von unendlich vielen dieser momentanen Ruhe-Inertialsysteme, von denen sich das zeitlich nächste immer etwas schneller als das vorherige bewegt.



Die beschleunigte Rakete mit ihrem mitbeschleunigten Bezugssystem. Die Zeitkoordinate ξ0 ist gleich der Eigenzeit τ (multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit c), die auf der mitbeschleunigten Uhr im Ursprungspunkt des Koordinatensystems angezeigt wird. Die drei Raumachsen ξ1, ξ2 und ξ3 entsprechen den drei karthesischen Raumachsen des momentanen Ruhe-Inertialsystems. Ihr Nullpunkt liegt im Standpunkt der Uhr.


Die räumlichen Koordinaten dieser momentanen Ruhe-Inertialsysteme sind karthesisch, so dass dies zu jedem Zeitpunkt auch für die räumlichen Koordinaten des beschleunigten Bezugssystems gilt. Aber: Die Zeitkoordinate in diesem beschleunigten Bezugssystem wird nicht-karthesisch (krummlinig), denn weiter unten (hinten) in konstantem Abstand mitbeschleunigte Uhren laufen langsamer als unsere Referenzuhr, weiter oben (vorne) befindliche Uhren dagegen schneller. Das hängt damit zusammen, dass sich die relativistische Definition von Gleichzeitigkeit während der Beschleunigung ständig ändert. Diesen Effekt muss es nach dem Äquivalenzprinzip dann auch bei der Gravitation geben, und tatsächlich laufen Uhren auf Meereshöhe etwas langsamer als Uhren auf Bergspitzen (siehe Buchkapitel).

Es gibt sogar eine Ereignishorizont bei diesem beschleunigten Bezugssystem, denn es gibt nach unten einen Abstand, ab dem kein Lichtsignal mehr den beschleunigten Beobachter erreichen kann. Die Zeit auf einer Uhr, die sich in diesem Abstand befindet, läuft für unseren beschleunigten Beobachter unendlich langsam, d.h. die Physik erscheint ihm dort eingefroren zu sein. Das erinnert uns sehr an den Ereignishorizont bei schwarzen Löchern (Schwarzschild-Radius). Falls unser Beobachter mit Erdbeschleunigung beschleunigt wird, so beträgt dieser Abstand zum Ereignishorizont etwa ein Lichtjahr.

In der speziellen Relativitätstheorie bewegt sich ein kräftefreier Körper in einem Inertialsystem geradlinig-gleichförmig. Man kann sich überlegen (siehe weiter unten), dass diese geradlinige Bewegung zwischen zwei vorgegebenen Raumzeitpunkten genau die Bahnkurve mit der maximalen Eigenzeit ist, d.h. bei jeder anderen Kurve zwischen diesen Raumzeitpunkten würde eine mitgeführte Uhr ein geringeres Zeitintervall anzeigen. Man spricht von einer geodätischen Linie (Geodäten). Analog ist in einem dreidimensionalen Raum eine Gerade diejenige Kurve mit der geringsten Bogenlänge zwischen zwei vorgegebenen Raumpunkten. In der speziellen Relativitätstheorie führt die gemeinsame Betrachtung von Raum und Zeit (die Raumzeitmetrik) dazu, dass Bogenlänge durch Eigenzeit und minimal durch maximal ersetzt werden muss.

Nun hängt die Eigenzeit nicht vom Bezugssystem ab (so wie analog die Bogenlänge unabhängig von dem verwendeten Koordinatensystem ist). Wenn wir also den kräftefreien Körper aus dem beschleunigten Bezugssystem heraus betrachten, so bewegt er sich auch dort auf der Kurve mit der maximalen Eigenzeit zwischen zwei vorgegebenen Raum-Zeit-Punkten. Nach dem Äquivalenzprinzip überträgt sich diese Eigenschaft dann auf die Beschreibung seiner Bewegung in einem Gravitationsfeld, das ja lokal gleichwertig zu einem beschleunigten Bezugssystem ist. Halten wir fest:

  • Ein frei fallender Körper bewegt sich in einem Gravitationsfeld auf der Kurve mit maximaler Eigenzeit zwischen zwei vorgegebenen Raum-Zeit-Punkten (also auf einer geodätische Linie bezüglich der relativistischen Raumzeit-Metrik).

Im Fall der speziellen Relativitätstheorie wollen wir uns dies noch einmal anschaulich klar machen. Dazu betrachten wir in einem Inertialsystem (unbeschleunigten Bezugssystem) einen Raumpunkt mit festen Ortskoordinaten x und lassen dort zu einer Zeit t1 eine kleine Uhr starten. Wir verlangen, dass diese Uhr zu einer vorgegebenen späteren Zeit t2 wieder am selben Raumpunkt x ankommt. Wie muss sich die kleine Uhr bewegen, damit auf ihr eine möglichst große Zeitspanne (Eigenzeit) vergeht, während in unserem Inertialsystem die Zeitspanne t2 − t1 vergangen ist? Die Antwort lautet: Sie darf sich überhaupt nicht bewegen und bleibt die ganze Zeit über am Punkt x stehen. Jede Bewegung würde zu einer Geschwindigkeit größer Null führen, und auf einer bewegten Uhr vergeht die Zeit langsamer, wie wir wissen (Zeitdilatation).

Wir können uns nun dieselbe Situation aus einem anderen Inertialsystem heraus ansehen, das sich relativ zur ruhenden Uhr gleichförmig bewegt. Die Uhr bewegt sich in diesem Bezugssystem auf einer Raum-Zeit-Geraden zwischen den beiden Ereignissen Uhr startet und Uhr kommt an. Da die Eigenzeit, die von einer bewegten (oder ruhenden) Uhr angezeigt wird, nicht vom Bezugssystem abhängt (wie sollte sie auch), wissen wir: Die Uhr, die sich zwischen den beiden Ereignissen (Raum-Zeit-Punkten) Uhr startet und Uhr kommt an auf einer Geraden durch die Raumzeit bewegt, zeigt die längste Eigenzeit an. Jede andere Uhr, deren Bewegung von dieser Geraden abweicht, wird eine kürzere Eigenzeit anzeigen.

Genauso ist es auch, wenn wir uns dieselbe Situation (ruhende Uhr) aus der beschleunigten Rakete heraus ansehen. In diesem beschleunigten Bezugssystem scheint die Uhr immer schneller nach unten zu fallen. Da es für die Eigenzeit auf das Bezugssystem nicht ankommt, gilt auch hier: Die Bewegungskurve der Uhr ist diejenige mit der längsten Eigenzeit zwischen vorgegebenen Ereignissen (Raum-Zeit-Punkten). Allerdings ist diese Kurve im beschleunigten Bezugssystem der Rakete keine Gerade mehr. Offenbar ist es in diesem Bezugssystem für eine maximale Eigenzeit günstiger, sich nicht auf einer Geraden zu bewegen. Auf diese Weise kann man nämlich ausnutzen, dass die Eigenzeit im beschleunigten Bezugssystem weiter oben schneller verstreicht als weiter unten. Nach dem Äquivalenzprinzip gilt dasselbe lokal in einem Gravitationsfeld: Die Uhr bewegt sich zwischen zwei Ereignissen im freien Fall so, dass die Eigenzeit der Uhr maximal wird.



Um ein beschleunigtes Bezugssystem in der speziellen Relativitätstheorie zu beschreiben, genügt es also bereits, dass die Zeitkoordinate krummlinig ist, d.h. dass die Eigenzeit auf Uhren weiter unten langsamer abläuft als auf Uhren weiter oben. Die Forderung nach der maximalen Eigenzeit führt dann zu einer entsprechenden Fallbewegung von kräftefreien Objekten in diesem Bezugssystem. Die Raumkoordinaten sind dagegen weiter karthesisch (euklidisch), also ungekrümmt. Nach dem Äquivalenzprinzip manifestiert sich die zu der Beschleunigung gleichwertige Gravitationswirkung also hier allein in der Krummlinigkeit der Zeit. Im nichtrelativistischen Grenzfall kann man tatsächlich aus dieser krummlinigen Zeit die Newtonsche Gravitationskraft als Grenzfall ableiten.

Nun ist die Raumzeit bisher immer noch flach, denn wir können ja jederzeit von dem beschleunigten Bezugssystem mit seiner krummlinigen Zeitkoordinate wieder in ein nichtbeschleunigtes Bezugssystem (Inertialsystem) mit karthesischen Minkowski-Raumzeitkoordinaten zurückwechseln. Analog können wir ja auch in einer zweidimensionalen Ebene jederzeit von krummlinigen Polarkoordinaten wieder zu rechtwinkligen Koordinaten zurückrechnen (siehe Buchkapitel). Solange das möglich ist, liegt keine Gravitation in der Raumzeit vor, denn diese könnte ja global in der gesamten Raumzeit durch ein passendes frei fallendes Bezugssystem neutralisiert werden.

Von Gravitation sprechen wir nun, wenn dieses Neutralisieren der Beschleunigung durch ein frei fallendes Bezugssystem nur noch lokal möglich ist, also beispielsweise innerhalb einer kleinen frei fallenden Raumkapsel, aber nicht global beispielsweise in der gesamten Umgebung der Erde. In diesem Sinn kann man karthesische (ungekrümmte) Minkowski-Koordinaten nur noch lokal in der Raumzeit einführen, so dass beispielsweise in der frei fallenden Raumkapsel die Gesetze der speziellen Relativitätstheorie gelten. Es gibt in jedem Raumzeitpunkt p (Ereignis) sogar mehrere dort lokal frei fallende Bezugssysteme, die sich durch eine Lorentztransformation ineinander umrechnen lassen. Sie entsprechen dem freien Fall durch das Ereignis p mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Bei den beschleunigten Koordinaten weiter oben war es möglich, in jedem Punkt zugleich eine Transformation zurück in die karthesischen Koordinaten eines nicht-beschleunigten Beobachters durchzuführen. Dies spiegelt wieder, dass wir uns da noch in der Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie befanden, in der es keine Gravitation gibt.

Wenn wir dagegen die Raumzeit mit Gravitation betrachten, so können wir uns zwar in ein kleines frei fallendes Raumschiff setzen und so lokal in diesem Raumschiff Schwerelosigkeit erreichen (das Raumschiff könnte z.B. antriebslos einen Planeten umkreisen). Wir sehen jedoch, dass weiter weg sich andere frei fallende Objekte (z.B. Monde oder andere Planeten) relativ zu unserem Raumschiff in einer beschleunigten Bewegung befinden. Lokal in unserem Raumschiff haben wir daher ein Inertialsystem der speziellen Relativitätstheorie, so dass frei fallende Objekte im Raumschiff nicht beschleunigt werden. Weiter weg weichen die Raumzeit-Koordinaten jedoch im Allgemeinen immer mehr von der karthesischen ungekrümmten Form ab und verwandelt sich in die die Koordinaten unterschiedlicher beschleunigter Bezugssysteme, in denen frei fallende Objekte relativ zu unserem Raumschiff beschleunigen. Es wird daher nicht mehr möglich sein, überall in der Raumzeit zugleich karthesische Minkowski-Koordinaten einzuführen!

In der Kyoto-Vorlesung (Dezember 1922) erinnert er sich Albert Einstein (siehe z.B. unter http://www.tu-harburg.de/rzt/rzt/it/Einstein_Mann/node6.html ):

Einstein erkannte also den oben beschriebenen Zusammenhang und suchte nach einer passenden mathematischen Sprache. Er fand diese im Formalismus der Riemannschen Geometrie, in der u.a. der Begriff der Krümmung eine wichtige Rolle spielt. Dabei gilt der folgende interessante Zusammenhang:

Dieser Zusammenhang gibt uns ein Kriterium an die Hand, das uns sagt, wann wir im gesamten Raum ein frei fallendes globales Inertialsystem einführen können, und wann nicht. Im ersten Fall haben wir einen Raumzeit ohne Gravitation, im zweiten Fall dagegen eine Raumzeit mit Gravitation, so wie sie beispielsweise ein Planet erzeugt. Wir können daher vermuten:

Wie die Krümmung der Raumzeit durch die darin vorhandene Materieverteilung festgelegt wird, ist in den Einsteinschen Feldgleichungen beschrieben, die wir uns weiter unten genauer ansehen werden.

Man könnte natürlich fragen: was ist denn mit einem Gravitationsfeld, das keine Krümmung besitzt, weil es z.B. überall gleich ist (oder zumindest Raumzeitkoordinaten wie in der beschleunigten Rakete aufweist)? Ein solches Gravitationsfeld kann nicht durch Materie erzeugt werden, denn nach den Einsteinschen Feldgleichungen beeinflusst eine Materieverteilung nur die Krümmung, nicht aber direkt die Raumzeitkoordinaten (nur indirekt über die Krümmung). Daher ist ein solches Gravitationsfeld unphysikalisch. Außerdem können wir bei verschwindender Krümmung überall zugleich karthesische Minkowski-Koordinaten einführen, d.h. es gibt ein globales frei fallendes Bezugssystem, in dem man überall keine Gravitation mehr spürt. Daher wäre ein solches Gravitationsfeld gleichwertig zu gar keiner Gravitation.

Man sieht daran, dass Gravitation nicht mehr als Kraftfeld beschrieben wird. Gravitation bedeutet vielmehr die Unmöglichkeit, ein globales Bezugssystem zu finden, in dem sich alle frei fallenden Objekte unbeschleunigt bewegen. Bei Gravitation gibt es kein globales Inertialsystem mehr, welches das gesamte physikalische System umfasst! Es gibt im Allgemeinen überhaupt kein ausgezeichnetes globales Bezugssystem (Koordinatensystem) für das gesamte physikalische System mehr, so dass die physikalischen Gesetze so formuliert werden müssen, dass man sie gleichwertig in jedem denkbaren Raum-Zeit-Koordinatensystem ausdrücken kann. Man spricht auch von allgemeiner Koordinaten-Kovarianz. Die physikalischen Gesetze haben in all diesen Koordinatensystemen dieselbe Form. In der speziellen Relativitätstheorie gilt das dagegen nur für alle Inertialsysteme (nicht beschleunigte Bezugssysteme).

Die allgemeine Koordinaten-Kovarianz hat große Ähnlichkeit mit der Eichinvarianz, die wir in Kapitel 5.3 kennengelernt haben, und es besteht tatsächlich eine enge Verwandtschaft. Bei der Eichinvarianz bezieht sich die Koordinaten-Kovarianz allerdings nicht auf die Raumzeit-Koordinaten, sondern auf die Koordinaten (Ladungs-Basisvektoren) im Raum der Pfeile (Werteraum der komplexwertigen Fermionfelder). So kann man an jedem Raumzeitpunkt die Ladungs-Basisvektoren lokal ändern, ohne dass sich die Physik selbst ändert -- in der QCD kann man beispielsweise die Farbladungen ineinander umändern.

Gravitation wird also durch die Krümmung der Raumzeit beschrieben. Nur so kann man vorgehen, wenn man das Einsteinsche Äquivalenzprinzip voraussetzt, denn dann kann man lokal Gravitationswirkung und Beschleunigung eines Bezugssystems nicht mehr unterscheiden -- es gibt schließlich kein Referenzobjekt, das nicht der Gravitation unterliegt. Daher kann man auch keine durch die Gravitation erzeugte Beschleunigung mehr definieren, denn sie unterscheidet sich nicht von einer normalen Beschleunigung. Ein frei fallendes Bezugssystem ist lokal ununterscheidbar von einem unbeschleunigten Bezugssystem -- daher fühlen sich die Astronauten in einem antriebslosen, um die Erde kreisenden Raumschiff auch völlig schwerelos. Gravitation bewirkt, dass man nicht überall zugleich in ein globales nicht-beschleunigtes Bezugssystem wechseln kann. In diesem Sinne ist der Gravitationsbegriff in der allgemeinen Relativitätstheorie ein anderer als in der Newtonschen Physik (daher gerät man auch in gewisse Schwierigkeiten, wenn man zugleich beide Gravitationsbegriffe verwendet).

Man zahlt einen Preis für die elegante Beschreibung der Gravitation durch die gekrümmte Raumzeit. Hier sind drei Beispiele:

Fassen wir noch einmal zusammen: In der allgemeinen Relativitätstheorie gibt es lokal keinen Unterschied zwischen einem beschleunigten Bezugssystem und einer Gravitationswirkung. Daher kann man lokal auch immer frei fallende Bezugssysteme finden, in denen man die Gravitation nicht spürt, d.h. in denen Gravitation gar nicht existiert. Aber: Weit entfernte frei fallende Objekte nehmen wir in einem Gravitationsfeld zumeist als beschleunigt wahr, auch wenn wir uns selber im freien Fall befinden. Ein Beispiel sind zwei Satelliten, die auf verschiedenen Bahnen die Erde umkreisen. In jedem Satelliten spürt man keine Gravitation, aber der jeweils andere Satellit erscheint den schwerelosen Insaßen des einen Satelliten als beschleunigt (d.h. er bewegt sich nicht auf einer geradlinig-gleichförmigen Bahn im Bezugssystem des einen Satelliten). Die Unmöglichkeit, ein globales Bezugssystem zu finden, in dem sich alle frei fallenden Objekte unbeschleunigt zueinander bewegen, ist daher in der allgemeinen Relativitätstheorie die kennzeichnende Eigenschaft von Gravitation. Mathematisch verhindert Gravitation, dass man global die Raumzeit mit karthesischen Koordinaten wie in der speziellen Relativitätstheorie beschreiben kann. Aus der Differentialgeometrie weiß man, dass dies genau dann unmöglich ist, wenn die Krümmung (genauer der Riemannsche Krümmungstensor) ungleich Null ist. Gravitation bedeutet also mathematisch, dass dieser Riemannsche Krümmungstensor für die Raumzeit ungleich Null ist.

Was ist die Ursache für diese nicht-verschwindende Krümmung der Raumzeit? Im Newtonschen Gravitationsgesetz entsteht Gravitation durch die Anwesenheit von Masse. Man muss also versuchen, das Newtonsche Gravitationsgesetz durch eine geeignete Beziehung zwischen Materie und Raum-Zeit-Krümmung zu verallgemeinern, so dass sich im nichtrelativistischen Grenzfall wieder das Newtonsche Gravitationsgesetz ergibt.

Es ist keineswegs einfach, diese Verallgemeinerung zu finden, und auch Einstein hat dafür einige Zeit benötigt. So erinnert sich Einstein im Juni 1933 an die Jahre vor 1915:

Man kann das verallgemeinerte Gravitationsgesetz nicht streng ableiten oder beweisen, sondern man kann nur intelligent raten, wie es aussehen sollte, und dann die physikalischen Konsequenzen des gefundenen Gesetzes untersuchen und letztlich im Experiment verifizieren. Die Details dazu stehen in Die Symmetrie der Naturgesetze, Kapitel 5.3 (Die Einsteinschen Feldgleichungen).

In der nichtrelativistischen Newton'schen Physik erzeugt eine Massendichte ein Gravitationsfeld. Ist zu erwarten, dass in der allgemeinen Relativitätstheorie ebenfalls nur Massen ein Gravitationsfeld erzeugen? Das wäre sehr merkwürdig, da schon in der speziellen Relativitätstheorie Masse in Energie umgewandelt werden kann. Angenommen, wir haben ein massives Teilchen vor uns, z.B. ein neutrales Pion. Dieses kann spontan in zwei masselose Photonen zerfallen. Wenn Gravitation nur von massiven Teilchen erzeugt würde, so würde diese Gravitation beim Zerfall des Teilchens in masselose Objekte plötzlich ausgeschaltet, was ziemlich unplausibel klingt. Plausibler wäre es, wenn auch bezüglich der Gravitationserzeugung Energie und Masse gleichwertig zueinander wären, so wie dies bezüglich der Trägheit bereits aufgrund der speziellen Relativitätstheorie der Fall ist. Die beiden Photonen, die beim Zerfall des Pions entstehen, sollten also genauso wie das Pion zuvor auch ein Gravitationsfeld erzeugen.

Massen- und Energiedichten werden in der speziellen Relativitätstheorie nicht durch eine skalare Funktion, sondern durch den sogenannten Energie-Impuls-Tensor dargestellt. Nur so kann man die relativistischen Zusammenhänge zwischen Massendichten, Energiedichten und Impulsdichten sowie deren Flüsse und Transformationen ineinander beim Wechsel des Bezugssystems korrekt darstellen. Insgesamt beschreibt der Energie-Impuls-Tensor die folgenden physikalischen Größen:

Alle diese Größen muss man konsistent berücksichtigen, wenn man die Gravitationswirkung von Materie und Strahlung berechnen will.

Es ist interessant, dass innere Kräfte (Drücke, Spannungen etc.) überhaupt einen Beitrag zur Energiedichte und damit zur Gravitation leisten. Und dennoch müssen sie berücksichtigt werden, wenn man Materie relativistisch korrekt beschreiben möchte. Ein schönes Beispiel dazu findet man in Feynman Vorlesungen über Physik, Band II Elektromagnetismus und Struktur der Materie, Kapitel 28 Elektromagnetische Masse. Dort wird eine kugelförmige statische negative Ladungsverteilung betrachtet, mit der man versuchsweise z.B. ein Elektron modellieren kann. Diese Ladungsverteilung erzeugt ein elektrisches Feld, das eine gewisse Energie aufweist. Beschleunigt man nun das Elektron und betrachtet Energie und Impuls, so stellt man fest, dass diese Größen sich nicht wie erwartet verhalten. Die Ursache dafür kennen wir nun: In einer kugelförmigen statischen negativen Ladungsverteilung stoßen sich die einzelnen Teile gegenseitig ab. Es muss daher Kräfte geben, die diese Abstoßung kompensieren und die Kugel zusammenhalten. Diese Kräfte muss man berücksichtigen, um das Verhalten für Energie und Impuls der Gesamtverteilung korrekt zu beschreiben.

Materie und die durch Gravitation gekrümmte Raumzeit können Energie und Impuls miteinander austauschen. Allgemein ist es keineswegs trivial, für ein System mit Gravitation überhaupt dessen Gesamt-Energie und -Impuls sauber zu definieren. Es gibt hierzu verschiedene Ansätze, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Ein schönes Beispiel dafür ist der Energiegehalt der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung. Aufgrund der fortwährenden Expansion des Universums nimmt einerseits die Dichte der zugehörigen Photonen pro Volumen ständig ab, andererseits verringert sich aufgrund der Ausdehnung der Wellenlänge zusätzlich die Energie der Photonen. Zusammengenommen scheint dabei Energie verloren zu gehen. Man kann dieses Phänomen aber auch so interpretieren, dass Energie von den Photonen auf die Raumzeit des Universums übertragen wird. Mehr dazu siehe auch in Zeitpfad, Kapitel 2.5 Expansion, Strahlungs- und Materiedichte.

Als relativistische Verallgemeinerung des Newtonschen Gravitationsgesetzes ergeben sich die sogenannten Einsteinschen Feldgleichungen. Diese besagen mathematisch, dass der sogenannte Einsteintensor gleich dem Energie-Impuls-Tensor ist. Dabei wird der Einstein-Tensor aus dem sogenannten Ricci-Tensor gebildet, der wiederum aus dem Riemannsche Krümmungstensor gebildet wird und der letzteren teilweise (aber nicht vollständig) festlegt -- mehr dazu etwas weiter unten.

Die Einsteinschen Feldgleichungen ergeben letztlich 6 unabhängige Differentialgleichungen, die die Form der Raumzeit (genauer: die Raumzeit-Metrik) und ihre zeitliche Entwicklung festlegen. Dabei bleiben weiterhin Wechsel des Bezugssystems möglich, d.h. man kann jederzeit lokal in ein frei fallendes oder auch ein beschleunigtes Bezugssystem mit den entsprechenden Koordinaten wechseln. Analog kann man ja auch auf einer gekrümmten Fläche Koordinatensysteme frei wählen. Übrigens: Die Freiheit, das Koordinatensystem und damit das Raum-Zeit-Bezugssystem in der allgemeinen Relativitätstheorie zu wechseln, entspricht der Eichfreiheit bei Eichtheorien, wie sie die Basis des Standardmodells bilden.

Man kann sich die physikalische Bedeutung der Einsteinschen Feldgleichungen auf verschiedene Weise klarmachen -- hier sind zwei Varianten dazu, wobei zur Präzisierung einige einfache Formeln verwendet werden:

Die erste Veranschaulichung stammt von Richard Feynman. Man findet sie in Feynmans Vorlesungen über Physik, Band II Elektromagnetismus und Struktur der Materie in Kapitel 42 Der gekrümmte Raum sowie in The Feynman Lectures on Gravitation (Westview Press, Boulder, Colorado, 2002). Feynman legt dabei den Schwerpunkt auf die Krümmung des Raumes (und nicht der Raumzeit):

  • Anschauliche Formulierung des Einsteinschen Gravitationsgesetzes nach Richard Feynman:

    Greifen wir in einem materieerfüllten Raumgebiet eine Kugel heraus, die genügend klein ist, so dass die Dichte ρ der gravitationserzeugenden Materie-Energie-Verteilung innerhalb praktisch konstant ist. Dann ist der sogenannte Exzessradius für die Kugel proportional zur in ihr enthaltenen Masse bzw. Energie (über den Druck sagt Feynman hier nichts). Der Exzessradius   re   ist dabei der Unterschied zwischen dem Radius   r   , den man aufgrund der gemessenen Kugeloberfläche   A   gemäß der euklidischen Formel   A   =   4 π r2   berechnet, und dem tatsächlich gemessenen Kugelradius   rg   , also

      re   =   r − rg  

    Damit beschreibt der Exzessradius die Abweichung der tatsächlichen räumlichen Geometrie von der gewohnten euklidischen Geometrie. Es gilt

      re   =   G/(3 c2)   M

    mit der Masse   M   innerhalb der Kugel und der Gravitationskonstante G. Der Exzessradius der Erde beträgt beispielsweise 1,5 Millimeter, der der Sonne etwa einen halben Kilometer. Diese Formulierung ist gleichwertig zum Einsteinschen Gravitationsgesetz, wenn man sie für Kugeln beliebiger Geschwindigkeit (unterhalb von c) voraussetzt.


Noch besser gefällt mir persönlich die folgende zweite sehr schöne Veranschaulichung, die den Focus auf die Krümmung der Raum-Zeit (nicht nur des Raumes) legt. Man findet sie inklusive Herleitung in John Baez, Emory Bunn: The Meaning of Einstein's Equation, http://math.ucr.edu/home/baez/einstein/einstein.pdf . Man startet dabei mit einer sehr kleinen (infinitesimalen) kugelförmigen Anordnung von frei beweglichen winzigen Staubpartikeln. Die Staubpartikel sollen eine so geringe Masse haben, dass ihr Gravitationsfeld vernachlässigt werden kann. Das Volumen dieser Anordnung zum Zeitpunkt t wollen wir mit   V(t)   bezeichnen. Zum Startzeitpunkt   t = 0   sollen sich die Staubpartikel relativ zueinander nicht bewegen, d.h.   dV(t)/dt |t = 0   =   0  . Diese Aussage macht nur Sinn, weil wir von sehr kleinen Anfangs-Abständen zwischen den Staubpartikeln ausgehen, so dass sich die Geschwindigkeiten in eindeutiger Weise in erster Ordnung über infinitesimale Parallelverschiebungen miteinander vergleichen lassen. Bei größeren Abständen ist ein solcher Vergleich ja wegen der Wegabhängigkeit der Parallelverschiebung nicht möglich.


Nach einer kurzen (infinitesimalen) Zeitspanne wird sich die Position der Staubpartikel relativ zueinander verändern, sofern ein Gravitationsfeld vorhanden ist. Im Gravitationsfeld der Erde werden beispielsweise die weiter unten liegenden Staubpartikel etwas stärker angezogen als die weiter oben liegenden. Die Staubpartikel beschleunigen relativ zueinander.

Durch die Beschleunigung der Staubpartikel zum Startzeitpunkt verändert sich auch das Volumen der kugelförmigen Anordnung der Staubpartikel. Die Volumenänderung zum Startzeitpunkt ist zwar Null, da die Staubpartikel zu diesem Zeitpunkt sich relativ zueinander nicht bewegen, aber die zeitliche Änderung dieser Volumenänderung (also die zweite zeitliche Ableitung des zeitabhängigen Volumens) ist nicht Null, denn die Staubpartikel beschleunigen relativ zueinander. Man kann nun den folgenden Zusammenhang herleiten:

  • Anschauliche Formulierung des Einsteinschen Gravitationsgesetzes nach John Baez und Emory Bunn:

    Für eine infinitesimale kugelförmige Anordnung (eine Wolke) winziger Testpartikel, die sich im kugelförmigen Volumen V(t) in einem äußeren Gravitationsfeld befinden und die sich zum Startzeitpunkt   t = 0   relativ zueinander in Ruhe befinden (d.h.   dV(t)/dt |t = 0   =   0   ), gilt:

      d2V(t)/dt2 |t = 0   =   − 4πG/c4   V(0)   ∑μ Tμμ

    Dabei geht die Summe von μ = 0 bis 4, T00 ist die Energie-Massen-Dichte und Tkk (mit k = 1, 2, 3) die k-Komponente der Flächenstromdichte der k-ten Impulskomponente (also als Druck in k-Richtung), so dass diese Gleichung in Worten besagt:

    • Die Rate, mit der die Volumen-Änderungsgeschwindigkeit der winzigen Test-Kugelwolke anwächst, ist proportional zum Volumen der Wolke mal der Summe aus Energiedichte plus Druck in x-Richtung plus Druck in y-Richtung plus Druck in z-Richtung der gravitationserzeugenden Materie-Energie-Verteilung im Mittelpunkt der Kugel.

    Die Test-Kugelwolke selbst soll so leicht sein, dass sie praktisch kein Gravitationsfeld erzeugt. Die gravitationserzeugende Materie-Energie-Verteilung im Kugelvolumen soll ausschließlich über die Gravitation auf die Wolke der Testpartikel einwirken, also keine direkten Zusammenstöße oder Ähnliches.

    Diese Formulierung ist gleichwertig zum Einsteinschen Gravitationsgesetz (Einsteinsche Feldgleichungen), wenn man sämtliche kleinen Kugelwolken mit allen möglichen Anfangsgeschwindigkeiten in Betracht zieht, also alle in allen möglichen lokalen Inertialsystemen ruhenden Kugelwolken.

Das negative Vorzeichen zeigt, dass eine positive Energie-Massendichte und ein positiver Druck ein Schrumpfen der Kugelwolke bewirken -- Gravitation ist eine anziehende Kraft. Beim Druck kommt uns das merkwürdig vor, aber es geht hier um die rein gravitative Wirkung des Drucks. Die Testpartikel der Kugelwolke sollen nicht direkt durch den Druck der gravitationserzeugenden Materie beeinflusst werden, sondern nur durch deren Gravitationskraft! Normalerweise spielt der Druck für die Gravitation keine Rolle. In extremen Situationen oder auch bei Strahlung ist das anders. In einem Neutronenstern ist beispielsweise der Druck aufgrund des Pauliprinzips enorm groß -- nur so kann er den endgültigen Kollaps des Sterns verhindern. Der Druck erzeugt hier einen wesentlichen Anteil der Gesamtgravitation des Sterns!

Im leeren (aber nicht gravitationsfreien) Raum, z.B. außerhalb eines Sterns, ist die rechte Seite der Gleichung gleich Null. Somit ist auch   d2V(t)/dt2 |t = 0   =   0   , d.h. das Volumen der kleinen Test-Kugelwolke ändert sich nicht (denn   dV(t)/dt |t = 0   war ja ebenfalls Null). Die Wolke kann aber immer noch aufgrund lokal unterschiedlich starker Gravitationskräfte verzerrt werden, z.B. in einer Richtung gedehnt und in den beiden anderen Richtungen gestaucht werden, so dass ein volumengleicher Ellipsoid entsteht -- man spricht von Gezeitenkräften (engl.: tidal forces).

Der Riemannsche Krümmungstensor lässt sich in zwei Anteile mit unterschiedlicher physikalischer Bedeutung zerlegen: Den Ricci-Tensor und den Weyl-Tensor. Im Einsteinschen Gravitationsgesetz steht der Ricci-Tensor, der für die Volumenänderung unserer kleinen Testwolke verantwortlich ist. Diese Volumenänderung wird durch Energiedichte und Druck am Ort der Wolke bewirkt -- genau das sagt das Einsteinschen Gravitationsgesetz. Der Weyl-Tensor dagegen besagt, wie sich die Testwolke bei konstantem Volumen im Gravitationsfeld aufgrund der Gezeitenkräfte verformt. In materiefreien Raumbereichen (z.B. im materiefreien Gravitationsfeld eines Sterns) ist der Ricci-Tensor Null, nicht aber der Weyl-Tensor!


Zum Abschluss wollen wir noch einen Zusatz diskutieren, den man in den Einsteinschen Feldgleichungen anbringen kann: die kosmologische Konstante Λ , die man als Energie-Impuls-Tensor des Vakuums interpretieren kann (Einstein selbst hielt sie damals noch für seine größte Eselei). Demnach besitzt das Vakuum möglicherweise eine Energiedichte   c4/(8πG) Λ   und einen negativen Druck   − c4/(8πG) Λ   .

Setzen wir den Vakuum-Energie-Impuls-Tensor in unsere obige anschauliche Formulierung des Gravitationsgesetzes mit Hilfe der kleinen Test-Kugelwolke ein, so erhalten wir für das Volumen dieser Wolke

  d2V(t)/dt2 |t = 0   =   − 4πG/c4   V(0)   ∑μ Tμμ   =   − 4πG/c4   V(0)   (− 2)   c4/(8πG) Λ   =   Λ V(0)

Das Kugelvolumen wächst also bei positiver kosmologischer Konstante zunehmend schneller, d.h. der Vakuum-Energie-Impuls-Tensor wirkt abstoßend! Das liegt daran, dass der negative Druck des Vakuums zwar denselben Betrag wie die positive Vakuum-Energiedichte hat, aber wegen der drei Raumdimensionen auch dreimal gezählt wird und so die positive Energiedichte mehr als kompensiert. Jede kleine Kugel aus Testteilchen dehnt sich also beschleunigt aus. Man kann dies so interpretieren, dass sich der Raum insgesamt beschleunigt ausdehnt; ein beschleunigt expandierendes Universum ist die Folge, sofern die Wirkung der kosmologischen Konstante gegenüber dem Energie-Impuls-Tensor der Materie dominiert. Seit 1998 hat man aufgrund der Messung von Helligkeit und Rotverschiebung weit entfernter Sternexplosionen (sogenannte Supernovae vom Typ Ia) deutliche Hinweise darauf, dass sich unser Universum tatsächlich beschleunigt ausdehnt. Die kosmologische Konstante ist in unserer Welt also offenbar positiv (wenn auch sehr klein), so dass der leere Raum tatsächlich eine entsprechende Energiedichte und negativen Druck besitzt. Man spricht hier von dunkler Energie (nicht zu verwechseln mit dunkler Materie, die kaum Druck besitzt und gravitativ anziehend wirkt). Ursache könnten sogenannte Vakuum-Quantenfluktuationen sein.



b) Neue Experimente zur Zeitdilatation

Eine sich bewegende Uhr läuft für einen ruhenden Beobachter langsamer als eine ruhende Uhr (spezielle Relativitätstheorie). Ebenso laufen ruhende Uhren in einem statischen Gravitationsfeld umso langsamer, je weiter unten sie sich befinden (allgemeine Relativitätstheorie).

Mittlerweile gibt es Uhren, die so präzise sind, dass sich diese Effekte auch bei alltäglichen Geschwindigkeiten und Gravitationsfeldern messen lassen. So haben James Chin-Wen Chou, Dave Wineland und Kollegen am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder (Colorado) Uhren verwendet, die auf nur einem einzigen Aluminium-Ion in einer sogenannten Paul-Falle basieren und die in 3,7 Milliarden Jahren nur eine Sekunde falsch gehen. Das Aluminium-Ion wird dabei in einem elektromagnetischen Feld festgehalten und mit Lasern gekühlt. Ein anderer Laser feuert nun auf das Ion, wobei seine Frequenz sehr präzise auf eine Absorptionsfrequenz des Ions abgestimmt wird. Diese Frequenz ist nun der Taktgeber der Uhr. Bei dieser Frequenzabstimmung spielt ein weiteres Ion (ein Magnesium- oder Beryllium-Ion) eine Rolle, dessen Quantenzustand mit dem des Aluminium-Ions verschränkt ist (ähnlich wie die beiden Spin-1/2-Teilchen im Einstein-Podolsky-Rosen-Experiment miteinander verschränkt sind, siehe Kapitel 2.8 ). Einfach unglaublich, dass man mittlerweile Materie derart präzise kontrollieren und manipulieren kann!

Lässt man nun das Ion bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 10 m/s (35 km/h) hin- und her-oszillieren, so kann man eine Verlangsamung der darauf basierenden Uhr um etwa einen Faktor 10−16 nachweisen. Auch bei anderen Geschwindigkeiten entspricht die Zeitdilatation genau dem Wert, wie ihn die spezielle Relativitätstheorie vorhersagt.

Ebenso gelingt es, den Zeitunterschied zweier solcher Uhren im Gravitationsfeld der Erde nachzuweisen, die nur etwa 17 cm Höhenunterschied aufweisen. Die untere Uhr läuft dabei ungefähr um den Faktor 4 × 10−17 langsamer als die obere Uhr -- das ergibt etwa eine zehnmillionstel Sekunde in 80 Jahren. Mehr dazu siehe physicsworld.com: Relativity with a human touch sowie Handwerkszeug Relativität, Physik Journal 9 (2010) Nr. 11, S. 16.



c) Gravitationswellen

Beschleunigte Massen sollten nach der allgemeinen Relativitätstheorie Gravitationswellen abstrahlen, so wie beschleunigte Ladungen elektromagnetische Wellen abstrahlen. Gravitationswellen sind dabei sich wellenförmig ausbreitende Verzerrungen der Raumzeit, so dass sich beispielsweise der Abstand zweier Objekte periodisch mit der durchlaufenden Gravitationswelle ändert. Da nun die Gravitation sehr viel schwächer als die elektromagnetische Wechselwirkung ist, sind auch Gravitationswellen sehr viel schwächer als elektromagnetische Wellen. Man braucht daher möglichst große Massen und möglichst große Beschleunigungen dieser Massen, um nachweisbare Gravitationswellen zu erzeugen. Einander eng umkreisende oder gar miteinander kollidierende Neutronensterne oder schwarze Löcher wären solche Quellen, ebenso wie kollabierende Sterne (Supernovae). Vermutlich hat auch der Urknall selbst Gravitationswellen erzeugt, die noch heute das Universum durchlaufen.



Gravitationswellen, wie sie von zwei einander umkreisenden Neutronensternen ausgesandt werden.
Quelle: Wikimedia Commons File:Wavy.gif, Quelle dort: http://lisa.jpl.nasa.gov/popups/ripples.html sowie http://lisa.jpl.nasa.gov/IMAGES/wavy.gif. Angabe auf Wikimedia: Diese Datei ist gemeinfrei (public domain), da sie von der NASA erstellt worden ist. Die NASA-Urheberrechtsrichtlinie besagt, dass „NASA-Material nicht durch Urheberrecht geschützt ist, wenn es nicht anders angegeben ist“.


Bisher ist ein direkter Nachweis von Gravitationswellen nicht gelungen, obwohl mehrere Experimente dazu bereits laufen. Vielleicht gelingt der direkte Nachweis erst mit LISA (Laser Interferometer Space Antenna), deren Start für das Jahr 2019 geplant ist. LISA besteht aus drei identischen Satelliten, welche die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks mit 5 Millionen Kilometer Kantenlänge im Weltraum bilden werden (das ist etwa der zehnfache Abstand zwischen Erde und Mond, also etwa 17 Lichtsekunden). In etwa 50 Millionen Kilometer Abstand wird dieses Dreieck der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne folgen.



Künstlerische Darstellung der drei LISA-Satelliten. Tatsächlich werden die drei Satelliten etwa 5 Millionen Kilometer (zehnfache Erde-Mond-Entfernung) voneinander entfernt sein, so dass man die jeweils anderen zwei Satelliten mit bloßem Auge wohl kaum sehen kann.
Quelle: Wikimedia Commons File:LISA.jpg, Quelle dort: http://lisa.jpl.nasa.gov/gallery/images/LISA_cover.jpg, Angabe auf Wikimedia: Diese Datei ist gemeinfrei (public domain), da sie von der NASA erstellt worden ist. Die NASA-Urheberrechtsrichtlinie besagt, dass „NASA-Material nicht durch Urheberrecht geschützt ist, wenn es nicht anders angegeben ist“.


LISA wird mithilfe von Laserstrahlen-Interferenz Schwankungen im 5-Millionen-Kilometer-Abstand zwischen den drei Satelliten auf 20 Picometer (0,2 Angström) genau messen -- das ist weniger als ein Atomdurchmesser. Damit wird LISA gute Chancen haben, zum ersten Mal Gravitationswellen direkt nachzuweisen.

Der erste indirekte Nachweis von Gravitationswellen gelang beim Doppelpulsars PSR 1913+16 (Nobelpreis 1993 für Russell Hulse und Joseph Taylor, Universität Princeton). PSR 1913+16 besteht aus zwei Neutronensternen (Masse jeweils etwa 1,4 Sonnenmassen bei einer Größe von nur wenigen Kilometern), die den gemeinsamen Schwerpunkt alle 7,75 Stunden ein Mal umkreisen. Einer der beiden Neutronensterne sendet aufgrund seiner Eigenrotation etwa 17 Mal pro Sekunde ein Radiosignal zur Erde, so dass sich seine Umläufe um den Schwerpunkt mithilfe des Dopplereffektes sehr genau verfolgen lassen.

Die gegenseitige Umkreisung führt nun zur Energieabstrahlung durch Gravitationswellen, so dass sich der Abstand zwischen den beiden Neutronensternen und damit ihre Umlaufperiode ständig verringert. Von 1974 bis 2000 nahm diese Umlaufperiode um fast 30 Sekunden ab -- genauso wie von der allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt! Mehr dazu siehe Wikipedia: PSR 1913+16.

Noch eindrucksvoller konnte dieser Effekt beim Quasar OJ 287 nachgewiesen werden. Hier umkreist alle 12 Jahre ein schwarzes Loch von 100 Millionen Sonnenmassen ein noch viel massereicheres schwarzes Loch von 18 Milliarden Sonnenmassen. Dabei durchdringt es bei jedem Umlauf zweimal kurz hintereinander die Akkretionsscheibe aus Gas und Staub, die das größere schwarze Loch umgibt, was zu messbaren Helligkeitsveränderungen führt (siehe Wikipedia: OJ 287 sowie physicsworld.com: Quasar tests general relativity to the limit und pro-physik: Doppeltes Schwarzes Loch bestätigt Relativitätstheorie (mit Bild!) ).



Literatur:



zurück zum Inhaltsverzeichnis

last modified on 04 June 2012